44 Monthly ist eine kollektive Zeitschrift, die Anfang 2020 während der Corona-Pandemie in Süd-China entstanden ist. Seitdem wurden 10 Ausgaben veröffentlicht. Die Mitwirkenden beteiligen sich an einem experimentellen Arbeitsablauf, zunächst online bis weitere Formen und Materialien hinzukommen. Die Ausstellung der jüngsten Aktivitäten und Publikationen von 44 Monthly im Synnika wird eine neue Ausgabe hervorbringen, die Ende 2024 im HBStation Contemporary Art Research Center in Guangzhou (CHN) und in Frankfurt (Main) veröffentlicht wird.
„Convergence des Temps“ bezieht sich auf interkontinentale Einflüsse innerhalb der sozial-revolutionären Bewegungen in China zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Ausstellungstitel steht auch für die sozialen Formen von Ansteckung, die die Produktion und Verbreitung von 44 Monthly während der Corona-Krise verstärkte, als die Konvergenz von Zeit und Ort zu einem medizinischen und polizeilichen Grund für soziale Distanzierung wurde. Während der Lockdown-Maßnahmen wurde die Zeitschrift zu einer dynamischen Form kollektiver Praxis und Interaktion, die es den in verschiedenen Städten, vor allem im Süden Chinas (z. B. Guangzhou, Shanghai, Kunming und Hongkong), lebenden Teilnehmer*innen ermöglichte, sich jenseits des Lockdowns zu vernetzen. Die verschiedenen Ausgaben des Magazins rekonstruieren eine lokale und transnationale Geschichte radikaler Theorie und Praxis, die sich zum Beispiel auf die so genannte Pariser Gruppe beziehen, oder die Zeitschrift Tianyi Bao (übersetzt: Natürliche Gerechtigkeit, veröffentlicht in Tokio), oder die erste Tofu-Fabrik in Frankreich, die von chinesischen Anarchist*innen gegründet wurde - diese Initiativen aus dem frühen 20. Jahrhundert realisierten einen transnationalen Austausch auch durch die Übersetzung von Pamphleten, Briefen, Artikeln und Büchern revolutionärer Autor*innen wie He Zhen, Ba Jin, Liu Shifu, Li Shizeng, Emma Goldman, Élisée Reclus, Kropotkin, Marx und vielen anderen. Die Überschneidung dieser Zeit mit der unseren ist bezeichnend: In den letzten Jahrzehnten verlagerten die westlichen Zentren der globalen Wirtschaft zentrale Infrastrukturen in Regionen wie das Perlflussdelta, das sich in der Gegenwart zum größten urbanen Industriegebiet der Welt, mit Guangzhou als Haupthafenstadt, entwickelt hat. Unterstützt durch HBStation Contemporary Art Research Center in Guangzhou werden 44 Monthly und Synnika über diese ökonomischen Beziehungen hinaus gemeinsame Konzepte und Methoden entwickeln, um neue Veröffentlichungen zu realisieren.
44 Monthly ist eine Erweiterung von Theater 44 und hat sich aus einer gemeinsamen Erfahrung mit COVID-19 im Süden Chinas entwickelt. Theater 44 ist seit 2016 als kollaborative Plattform mit Teilnehmern aus der ganzen Welt aktiv. Kuratoren, Künstler, Filmemacher, Forscher, Journalisten, Aktivisten und Musiker bilden das Theater 44, und jedes Projekt bringt unterschiedliche Konstellationen zusammen. Anfang 2020 rief das Theater 44-Kollektiv das Publikationsprojekt 44 Monthly ins Leben, ein Gemeinschaftsexperiment im Selbstverlag, bei dem Einzelpersonen, die sich in Quarantäne befanden, online zusammenkamen und durch gemeinsame Schreib-, Redaktions- und Gestaltungsprojekte temporäre Gemeinschaften bildeten. Bis heute hat 44 Monthly 9 Publikationen, 4 Kurzfilme, 1 Hörspiel und zwei multimediale Rauminstallationen veröffentlicht. Nach dem Lockdown unternahmen die Mitglieder Exkursionen in Städte wie Sanya, Yangjiang und Shanghai, die zu weiteren gemeinsamen Projekten führten. 44 Monthly erprobt interdependente Gestaltung und reagiert auf soziale Fragen durch ethische Organisation und Alltagspraxis.